Jahr für Jahr sind wir im Sommer mit dem Thema Hitze konfrontiert. Wir wollen zu dem Thema nichts schön reden, wir wollen einzig und alleine faktenbasiert mit dem einen oder anderen Mythos aufräumen, der uns gelegentlich begegnet. Denn wir wissen, dass 35°C und mehr für Menschen dieserorts nicht die optimale Betriebstemperatur ist. Aber Pferde sind ja glücklicherweise keine Menschen und sie kommen damit besser klar, als man vielleicht vermutet.
Gesunde und an das lokale Klima gut angepasste Pferde vertragen Hitze zu einem gewissen Grad besser vertragen als wir Menschen – solange man sie gut versorgt. Und dass wir das tun, ist ja wohlselbstverständlich.
Essentiell dafür ist natürlich – ähnlich wie bei uns Menschen – dass sie ausreichend mit Wasser versorgt werden. An heißen Tagen kann man bei den Standplätzen immer vorbereitete Kübel mit Wasser beobachten. Die dienen der Wasseraufnahme der Tiere – sie stehen bereit, damit das angebotene Wasser nicht eiskalt ist (was sich auf die Gesundheit der Tiere mit unter auswirken würde).
So nehmen die Fiakerpferde an einem warmen Tag etwa 60 Liter auf – solche Pausen müssen die Kutscher übrigens auch im Fahrtenbuch vermerken. Dass die Tiere während der Fahrt keinen Zugang zu Wasser haben, ist natürlich richtig. Allerdings trinken die Tiere auch in freier Wildbahn auf Vorrat – heißt also, solange in den Pausen ausreichendWasser zur Verfügung steht, ist das völlig in Ordnung. Zudem steht zur Abkühlung auch ein Schlauch zur Verfügung. Mit ihm wird regelmäßig der Boden abgekühlt. Und natürlich erhalten auch unsere Pferde damit eine Abkühlung an besonders warmen Tagen in Wien.
Das Pferd kommt im Vergleich gut mit Temperaturschwankungen zurecht – denn sein ganzer Körper ist darauf ausgelegt, Wind und Wetter zu trotzen. Denn schon ihre Vorfahren, die Wildpferde, zogen sich weder bei Sturm, noch bei großer Kälte oder Hitze in Höhlen zurück, um abzuwarten, wann es wieder unter 30°C kriegt.
Grade bei hohen Temperaturen und großer Anstrengung kann das Pferd im Gegensatz zu anderen Haustieren in unseren Breitengraden schwitzen. Tun sie das nicht, heißt das allerdings auch nicht gleich, dass sie dehydriert sind – wie beim Menschen ist der Grad des Schwitzens individuell. Fiakerpferde schwitzen auch bei hohenTemperaturen vergleichsweise selten, weil das Kutsche ziehen die Tiere nicht an ihre körperlichenGrenzen bringt (dazu später mehr).
Er weder durchblutet noch innerviert – entsprechend ist die Untergrundtemperatur für Pferde nur wenig relevant. Außerdem sind die lebenswichtigen Organe ausreichend weit vom Boden entfernt, um von etwaiger Hitzeabstrahlung beeinträchtigt zu werden.
Kleine Bemerkung am Rande: Pferde, die den Huf so wie im Bild angezeigt halten, haben weder Probleme mit den Gelenken noch ist der Boden zu heiß. Es handelt sich dabei um das sogenannte „Schildern“ - eine Haltung, die das Pferd einnimmt, wenn es entspannt ist – man kann diese Haltung bei den Fiakerpferden sogar vergleichsweise häufig beobachten.
Gerade Pferdeblogs beschreiben eine Wohlfühltemperatur von Pferden bei 5-15°C – ohne allerdings näher auf diesen Wert einzugehen. Eigentlich gibt es sogar auffallend wenige Studien zum Thema Hitze bei Pferden – und wir verraten euch, warum das so ist:
Was wohl vor rund 6.000 Jahren in der Kasachischen Steppe begonnen hat, hat sich rasant über die ganze Welt verbreitet. Es existieren inzwischen rund um den Globus mehr als 200 Hauspferderassen. In jeder Klimazone kann man Pferden begegnen – von der Arktis bis zur Sahara, vom Dschungel bis hoch oben in den Bergen. Das ist übrigens etwas, was neben den Pferden nur Hunden gelungen ist, sie sind überall dort zu finden, wo auch Menschen anzutreffen sind.
Jede Klimazone bedeutet aber auch, dass Pferde sich an das lokale Klima angepasst haben – und damit natürlich logischerweise auch, dass Islandpferde eine andere Wohlfühltemperatur haben als etwa Araber.
Unsere Pferde stammen größtenteils aus der Ungarischen Puszta, eine baumarme Steppenlandschaft mit trockenem, kontinentalem Klima (das Thema wird uns später noch einmal begegnen). Daran sind die aus Ungarn stammenden Nonius sowie auch unsere größtenteils in Ungarn gezüchteten Lipizzaner optimal angepasst.
Kaum zu glauben, aber wahr – die Pferde stehen nicht den ganzen Tag in der Sonne. Schon am Nachmittag sind sowohl der Michaelerplatz als auch der Stephansplatz im Schatten – ebensoviele Teile der Rundfahrt. Unter dem Aspekt, dass sich bereits jeder Fiaker-Standplatz noch vor der heißesten Temperatur des Tages im Schatten befindet, wurden diese übrigens vom Veterinäramt gemeinsam mit dem Verkehrsamt ausgewählt.
Das Verhalten gegenüber Sonne ist bei Pferden relativ unterschiedlich. Das kann man auch auf Weiden beobachten. Viele Pferde bleiben den ganzen Tag in der Sonne, andere verlassen ihren schattigen Unterstand kaum. Auch das ist rasse- und gewohnheits-spezifisch. Unsere aus der Puszta stammenden Pferde kommen erfahrungsgemäß sehr gut mit Sonneneinstrahlung klar, was auch mit ihrer Herkunft aus der vergleichsweise schattenarmen Landschaften zusammenhängt.
Der Gewichtsrekord, den zwei Pferde als Gespann gezogen haben, wurde 1984 in der Schweiz aufgestellt. Die beiden Brauereipferde Monti und Captain sollten einen LKW und einen mit Schuttbeladenen Anhänger ziehen. Erst wollten sie nicht, doch als ihre Besitzer den ihnen vertrautenBrauereiwagen zwischen die Pferde und den LKW spannten, begannen die beiden zu ziehen – und sie bewegten dabei sage und schreibe mehr als 44t Gewicht. (Quelle: Guiness Book of WorldRecords, online Ausgabe).
Von diesem Gewicht ist ein voll besetzter Fiaker natürlich weit entfernt. Der liegt bei etwa rund 1t. Für ein gut trainiertes und gesundes Pferd (beides für uns eine Selbstverständlichkeit) stellt diese Zuglast keine Herausforderung dar – genauso wenig herausfordernd ist die Gangart, im weit überwiegenden Teil der Rundfahrten gehen wir im Schritt.
Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass auch die Luftfeuchtigkeit beim Hitzeempfinden eine große Rolle spielt. Immer wieder begegnet uns das Gerücht, dass die Sommer in Wien besonders schwül und feucht wären.
Daher schauen wir mal in die Daten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (online einzusehen unter zamg.ac.at) für den Juni 2021. Dort ist im Monatsmittel für die Messstation Innere Stadt eine relative Luftfeuchte von 39% angegeben, für den Juli 2021 lag der Wert im Mittel bei 44%, für August bei 52% (Messzeitpunkt 14 Uhr MESZ). Für Pferde konnten wir hier keine Empfehlungen finden – für Menschen wird allerdings eine optimale Spanne von 40 – 60% in Wohnräumen angegeben, wir Menschen empfinden das Klima daher wohl eher weder als besonders feucht, noch als besonders trocken. Das gewisse Rassen von Pferde auch mit hoher Luftfeuchtigkeit umgehen können, zeigt auch diese Studie aus Mexiko – bei der Kutschpferde an besonders heißen und feuchten Sommertragen untersucht wurden:
Das Klima in Wien ist ein Übergangsklima, größtenteils kontinental beeinflusst aus der pannonischen Ebene – allerdings spielt auch aus westlicher Richtung das ozeanische Klima eine Rolle. Ein Klima, an das unsere größtenteils aus Ungarn stammenden Pferde optimal angepasst sind.
Bilder: Anke Licht
Text: Dipl. biol. Anke Licht